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Abschied von der Airbus A310 MRTT

Am 15. Juni ging mit der 10+25 der letzte Airbus A310 MRTT der Luftwaffe in den Ruhestand. Damit endete nach rund 30 Jahren die Ära des einstigen Arbeitspferdes der Flugbereitschaft, das für die unterschiedlichsten Aufgaben eingesetzt wurde.

Anfänge im VIP-Flugdienst

Bei den ersten Airbus A310 der Flugbereitschaft handelte es sich noch nicht um die aktuellen Mehrzwecktransporter und -tanker, sondern um zwei Maschinen zum Transport hochrangiger Regierungsmitglieder sowie einen Airbus A310 in Passagierkonfiguration, die alle zwischen 1989 und 1991 aus Beständen der DDR-Airline Interflug übernommen worden sind. Damit wurden die bisherigen Regierungsflugzeuge vom Typ Boeing 707 ersetzt, die von 1968 bis 1999 für die Luftwaffe verkehrten. Die beiden VIP-Maschinen 10+21 und 10+22 wurden ab 2010 durch die aktuelle Airbus A340 ersetzt. Die Maschinen trugen zunächst die alte, weißblaue VIP-Lackierung, bevor sie 2003 bzw. 2004 die neue VIP-Lackierung der Luftwaffe erhielten, die bis heute noch auf allen Luftfahrzeugen der weißen Flotte der Flugbereitschaft zu sehen ist. Zunächst sollten beide Maschinen noch im Jahr 2011 abgegeben werden, allerdings wurde aufgrund einiger Vorteile der A310 (z. B. einer geringeren Landestrecke) die 10+21 noch bis 2014 im Dienst gehalten und als Ersatzmaschine für die beiden A340 genutzt. Die 10+22 wurde im Juli 2011 verkauft und landete schließlich bei der iranischen Fluggesellschaft Mahan-Air, während ihre Schwestermaschine 10+21 im Juni 2014 an die Firma Novespace verkauft und für die Durchführung von Zero-G-Parabelflügen umgebaut wurde. In dieser Funktion ist sie noch heute im Einsatz.

Die 10+23 (ehemals „Kurt Schumacher“) besaß eine reine Economy-Bestuhlung und wurde noch bis 2021 in der Luftwaffe eingesetzt. Sie trug zunächst die gleiche weißblaue Lackierung wie die VIP-Maschinen und wurde erst 2005 mit der grauen Farbgebung versehen. Sie wurde hauptsächlich zum Transport größerer Kontingente sowohl bei Einsätzen oder Übungen als auch zum Frachttransport verwendet. Da es sich bei der 10+23 nicht um einen Multirole-Transport-Tanker (MRTT) handelte, beschränkte sich Letzteres allerdings auf den normalen Frachtraum.

Multirole Transport Tanker

Ende der 1990er-Jahre wurden vier weitere Airbus A310 beschafft, um möglichst viele Aufgaben mit nur einem Flugzeugmuster bewältigen zu können und so u. a. Kosten einzusparen. Die Maschinen kamen dieses Mal von der Lufthansa und wurden bei den Elbe Flugzeugwerken in Dresden sowie bei Lufthansa Technik in Hamburg zum Multirole Transporter (MRT) umgebaut. Sichtbarstes Merkmal war dabei ein großes Frachttor auf der linken Rumpfseite. Als erste Maschine mit derartigen Umrüstungen absolvierte die 10+24 am 25.03.1999 ihren Erstflug.
Mit den nun zur Verfügung stehenden Maschinen konnte die Luftwaffe Passagiere und Fracht (im gesamten Rumpf) transportieren sowie mit einem speziellen Rüstsatz Verletzte und Verwundete zurückführen und während des Fluges intensivmedizinisch behandeln. Gerade Letzteres war in dieser Form und der Kapazität an Verletzten pro Flug ein Novum und brachte der Luftwaffe einen weltweiten Spitzenplatz in der MedEvac (Medical Evacuation) ein. Neben zahlreichen Einsätzen zur Rückführung verwundeter Soldaten aus dem Ausland wurde diese Fähigkeit beispielsweise auch zum Transport und damit zur besseren Verteilung von Covid-Patienten aus überlasteten Krankenhäusern zu Beginn der Pandemie genutzt. Neben dem Airbus A310 hatte diese Fähigkeit in Deutschland lange Zeit nur die Transall, mittlerweile kann der Airbus A400M, die Airbus A330 MRTT der Multinational MRTT Fleet sowie zur Not auch jede Maschine der Flugbereitschaft diese Funktion übernehmen.

Einige Zeit später sollte der Airbus A310 MRT auch die Funktion eines Tankers übernehmen und wurden deshalb zum Multirole Transport Tanker (MRTT) umgerüstet. Die erste Maschine mit dieser Umrüstung war die 10+27 und wurde Ende 2003 bei den Elbe Flugzeugwerken in Dresden vorgestellt. Nachdem Mitte 2004 alle benötigten Testflüge abgeschlossen waren und die 10+27 zurück in den regulären Dienst ging, bedeutet dies gleichzeitig, dass die Luftwaffe erstmals die Möglichkeit hatte, ihre Flugzeuge selbst in der Luft betanken zu können. Bisher musste dies im Regelfall bei den Amerikanern „eingekauft“ werden.
In der Tankerversion der deutschen und kanadischen Luftwaffe wurden vier Zusatztanks mit einem Fassungsvermögen von 28.800 l (bzw. ungefähr 23 t) Kerosin eingerüstet, die die gesamte Tankkapazität auf 89.890 l (bzw. ungefähr 72 t) erhöhten. Davon konnte der A310 MRTT bei einer Reichweite von ca. 1000 km ungefähr 65 t und bei einer Reichweite von 4600 km noch 30 t an seine Empfänger abgeben. Der Kraftstoff wurde dabei nach dem Hose-and-drogue-System, also via Schlauch und Fangtrichter, am Tank und einer Sonde am Empfängerflugzeug abgegeben. Damit konnten alle europäischen Muster sowie einige amerikanischen Flugzeugmuster betankt werden. Das betanken einiger bei alliierten Luftstreitkräften weitverbreiteten Flugzeugmuster, bspw. der F-16, die über einen Ausleger am Tanker betankt wird, war jedoch nicht möglich.
Nach über 3.000 Betankungseinsätzen mit rund 13.800 Flugstunden und über 39.000 t abgegebenem Kraftstoff endete die Ära des A310MRTT als Tankflugzeug bei der deutschen Luftwaffe am 10. September 2020 wieder. Von nun an wurde die Luftbetankung mit Airbus A330MRTT der Multinational MRTT Fleet sowie mit Airbus A400M des Lufttransportgeschwaders 62 durchgeführt, und für die A310 standen lediglich Truppen- und Krankentransporte auf dem Dienstplan.

Der endgültige Abschied von der A310 war ursprünglich für den vergangenen Spätsommer geplant und sollte mit der Überführung der 10+23 nach Hannover abgeschlossen sein. Doch aufgrund der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und der darauffolgenden Evakuierungsoperation wurde die Frist für die A310 noch ein wenig verlängert. Die 10+25 wurde reaktiviert, aus Hamburg zurückgeholt und sollte zunächst noch bis Anfang 2022 fliegen. Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg gab es eine weitere Verlängerung, sodass die 10+25 jetzt noch bis Mitte Juni flog. Es scheint, als hätte sich die Airbus A310 MRTT mit aller Kraft gegen den wohlverdienten Ruhestand zu wehren versucht.

 

MAS-G.de-Mitglieder finden die genauen Lebensläufe der deutschen Airbus A310 unterhalb dieses Artikels.

Airbus A310 international

Neben der deutschen Luftwaffe betreiben derzeit noch die Franzosen, die Spanier und die Kanadier militärische Airbus A310. Während die A310 der Spanier (zwei Maschinen) und Franzosen (drei Maschinen) reine Passagier bzw. VIP-Maschinen sind, verwenden die Kanadier zusätzlich Maschinen der MRT- bzw. MRTT-Version. Die kanadische Luftwaffe hat fünf Airbus A310 (kanadische Bezeichnung CC-150 Polaris), wovon eine (15001) über eine VIP-Ausstattung verfügt und als Regierungsflieger unterwegs ist. Je eine weitere Maschine ist als MRT (15002) bzw. als reine Passagiermaschine (15003) unterwegs, und die beiden verbliebenen Maschinen (15004 und 15005) als MRTT. Letztere werden von der Royal Canadian Air Force als „CC-150T Polaris“ bezeichnet.

Text: Marc Rosenkranz
Bilder: Marc Rosenkranz